Der Radprofi ist eigentlich sehr gut ausgebildet und weiß genau, worauf es ankommt - sei es beim Klettern und den Bergetappen oder dem Sprinten und Massensprints bei Flachetappen. Aber er ist dennoch ein Mensch und daher kann er genauso aufgeregt sein wie ein Schüler bei der Schularbeit oder ein erwachsener Mensch vor einer großen Aufgabe.
Denn er hat selbst Großes vor, hat einen Auftrag von seinem Team bekommen und möchte in eine neue Rundfahrt sehr erfolgreich beginnen. Das Problem dabei ist, dass er nicht der einzige Teilnehmer ist, der so nervös ist und voller Anspannung auf den ersten Massensprint hinarbeitet. Er hat ungefähr 30 Kollegen, für die die Beschreibung ebenso gilt. Und diese Nervosität kann sich beim kleinsten Fehler zu einem schlimmen Sturz entwickeln, der als Massensturz umschrieben wird.
Ein Massensturz entsteht häufig im Zusammenhang mit dem Massensprint, wobei dies bei Etappenrennen genauso passieren kann wie auch bei Eintagesrennen. Aber der Massensturz kann auch mitten im Feld nach 25 Kilometer passieren, denn die Fahrer bewegen sich auf engstem Raum und wenn einer in den anderen hineinfällt, ist dies ein Effekt, wie man es vom Domino kennt. Bei Tempo 40 bis 50 km/h stürzen die Fahrer so schnell, dass sie gar nicht mehr reagieren können.
Der Verletzungsgrad hängt dabei von der Art des Sturzes ab, vom Ort und auch davon, wohin man gestürzt ist. Wenn ein Randstein im Spiel ist oder eine Absperrung im Falle des Zielgeländes, sind die Folgen schlimmer als wenn man auf die Wiese neben der Straße befördert wird. Auch hängt es davon ab, ob andere Fahrer übereinander stürzen und wie schnell gefahren wurde. So mancher Topfavorit ist schon nach wenigen Etappen aus dem Rennen, weil er sich das Schlüsselbein gebrochen hat oder noch schlimmere Verletzungen entstanden sind.
Deshalb gibt es im Hauptfeld von Etappenrennen besonders viel Stress, weil die Topfavoriten möglichst weit vorne im Feld fahren wollen. Das hat den Grund, weil sie dann von der Masse der Leute nicht in einen Sturz verwickelt werden können, nur die Idee haben die anderen Kapitäne auch. Massenstürze sind besonders bei den großen Rundfahrten (Giro, Tour de France und Vuelta) in den ersten Tagen zu beobachten, weil alle nervös sind und noch nicht wissen, wie sich das Rennen entwickeln wird. Nach ein paar Tagen legt sich die Aufregung und die Stürze werden weniger.
Wie schnell es zum Massensturz kommen kann, hat die erste Etappe der Tour de France 2021 gezeigt. Eine Zuschauerin wollte unbedingt ihre Botschaft in die Kamera halten und passte deshalb nicht auf. Tony Martin konnte nicht mehr ausweichen und stürzte und das halbe Feld hinter ihm mit ihm. Das ganze passierte in einer an sich ruhigen Rennphase, war also mit Stress nicht in Verbindung zu sehen.
Kurz vor dem Ziel bracht der Erfolgsdruck aus und ein Fahrer rutschte in den anderen und es kam in der gleichen Etappe zu einem zweiten schweren Massensturz, bei dem viele Verletzungen davongetragen haben. Patrick Konrad aus Österreich postete später ein Bild mit Bandagen von Schulter bis Kniegelenk und er war nicht der einzige Fahrer.
In der 3. Etappe gab es gleich eine ganze Serie von Stürzen, weil die Organisatoren für die Schlussphase viel zu enge Straßen gewählt hatten. Es war die erste echte Sprinteretappe und alle waren sehr nervös. Wieder gingen zahlreiche Fahrer zu Boden - etwa auch der Tourfavorit Primoz Rogliz aus Slowenien, der später die Rundfahrt als Folge des Sturzes aufgeben musste. In diesem Fall hatte man eine falsche Route gewählt und es war von Anfang an klar, dass diese schmale Fahrt problematisch werden könnte.
Gerade bei der Tour de France hat man über Jahre das Problem gehabt, dass gute Leute früh aussteigen mussten. Man hat daher den Druck vom Massensprint nehmen wollen und einen großen Zwischensprint eingeführt. Bei dem gibt es auch viele Punkte und daher gibt es neben dem Zielsprint noch eine zweite Situation, was zu einer Relativierung führen sollte. Das Konzept ging zum Teil auf, denn die Massenstürze im Zielgelände wurden etwas weniger, aber die Massenstürze blieben trotzdem, oft an einer Stelle, wo man es nicht erwarten würden und oftmals wegen unnötiger Aktionen wie einem Motorrad der Polizei am Straßenrand oder unvorsichtiger Zuschauer.
Rund um den Straßenradsport gibt es viele Begriffe, auch wegen der zahlreichen medialen Übertragungen. Das Attackieren als Angriff aus einer Gruppe oder dem Hauptfeld ist ein Beispiel dafür. Das kann zur Soloflucht führen, wobei man alleine gegen das Hauptfeld kaum eine Chance hat. Und wird man eingeholt, kommt es oft zum Durchreichen. Aber manchmal bekommt man die zweite Luft.
Rund um den Angriff gibt es weitere Bezeichnungen wie den Ausreissversuch oder auch das Wegfliegen und die Konterattacke als Revanche für einen Angriff. Am Horn ziehen ist auch ein Ausdruck dafür, dass man sich sehr um eine offensive Aktion bemüht. Im Wind fahren ist eine Umschreibung für die vordere Position, wodurch man mehr Kraft braucht. Das Gegenteil ist der Lutscher, der sich um die Mitarbeit wenig bemüht.
Weitere Situationen sind die Neutralisation am Beginn des Rennens oder bei besonderen Vorfällen (Wetter zum Beispiel) und Begriffe aus dem Zielbereich. Der Massensturz ist keine feine Sache und bringt oft schwere Verletzungen, das Foto-Finish ist hingegen die Jury-Entscheidung bei sehr knappen Ausgang. Auch nicht schön ist der Hungerast mitten im Rennen, wenn die Energie verlorengeht.
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